Europa vernetzen
Die europäischen Mitgliedstaaten haben sich für ihre Energie- und Klimapolitik gemeinsame Ziele gesetzt. Um die Klimaziele zu erreichen, wollen sie den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern. Gleichzeitig soll ein funktionierender europäischer Energiebinnenmarkt dabei helfen, die Energieversorgung jedes einzelnen Staates sicherzustellen. Dafür ist ein europäisches Energienetz notwendig. So können beispielsweise Stromüberschüsse in Orte transportiert werden, in denen gerade zu wenig Strom produziert wird. Grundlage für den Ausbau eines europäischen Energienetzes sind gemeinsame Rahmenbedingungen. Diese Rahmenbedingungen gibt die Verordnung zu Leitlinien für die europäische Energieinfrastruktur (TEN-E-Verordnung) vor.
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Vorhaben auf der Unionsliste
Einen zentralen Regelungsbereich der TEN-E-Verordnung bildet das Auswahlverfahren von Vorhaben von gemeinsamem Interesse (projects of common interest oder kurz PCI) und Vorhaben von gegenseitigem Interesse (projects of mutual interest oder kurz PMI). PCI sollen Lücken in der Infrastruktur des europäischen Energienetzes schließen und zeichnen sich durch einen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Nutzen für mindestens zwei Mitgliedstaaten aus. Als PMI bezeichnete Infrastrukturprojekte verbinden die Energienetze der Union mit denen von Drittländern. PCI und PMI werden in einer von der Europäischen Kommission zu erstellenden Unionsliste geführt und daher gemeinsam auch als »Vorhaben auf der Unionsliste« bezeichnet. Sie genießen einen besonderen Vorrangstatus. Das bedeutet: Sie sollen von den zuständigen Behörden als Vorhaben von öffentlichem Interesse betrachtet werden und die notwendigen Genehmigungsverfahren schnell durchlaufen.
Auf die Unionsliste können nur solche Vorhaben aufgenommen werden, die zu einem funktionierenden Energiebinnenmarkt und zur Versorgungssicherheit in der Europäischen Union beitragen. In der TEN-E-Verordnung ist hierzu ein umfangreicher Prüfkatalog festgeschrieben. Erfüllt ein Vorhaben die Kriterien der TEN-E Verordnung, kann es grundsätzlich in die Unionsliste aufgenommen werden. Hierzu schlagen zunächst die Vorhabenträger ihre Projekte zur Auswahl vor. Anschließend bewerten sogenannte regionale Gruppen die Vorhaben. Den Vorsitz der Regionalgruppen bildet jeweils die Kommission. Ebenfalls vertreten sind die Mitgliedstaaten, die Netzbetreiber und ihr jeweiliger europäischer Verbund, Vorhabenträger, nationale Regulierungsbehörden sowie die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER). Auf Grundlage ihrer Bewertung verabschieden die Regionalgruppen regionale Vorschlagslisten. Hierauf basierend entscheidet die Kommission alle zwei Jahre über die Aufnahme der Vorhaben in die Unionsliste. Die Liste wird in Form eines delegierten Rechtsakts veröffentlicht und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt; beiden Organen stehen dann zwei Monate für die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung der Liste zur Verfügung.
Vorhaben auf der Unionsliste in Deutschland
Eine aktuelle Liste der deutschen Vorhaben auf der Unionsliste mit kurzen Beschreibungen sowie Links zu weiterführenden Informationen finden Sie unter www.netzausbau.de/pci.
Karte: Vorhaben auf der Unionsliste in Deutschland (Strom) (pdf, 1.004 KB)
Karte: Vorhaben auf der Unionsliste in Deutschland (Strom, Smart-Grid) (pdf, 1 MB)
Besonderheiten im PCI-Genehmigungsverfahren
Zwei Punkte stehen bei Vorhaben auf der Unionsliste im Fokus: Sie sollen zügig fertig werden und die Öffentlichkeit soll sich stärker beteiligen können als bei Projekten ohne diesen Status. Dazu macht die TEN-E-Verordnung Vorgaben. In Deutschland geben die Gesetze aber bereits viele Punkte zur Öffentlichkeitsbeteiligung vor. Diese gelten auch für Vorhaben ohne PCI- oder PMI-Status. Bürgerinnen und Bürger bekommen daher oft wenig von diesem besonderen Status mit. In anderen EU-Ländern kann das anders aussehen. Wenn die nationalen Gesetze weniger Öffentlichkeitsbeteiligung vorsehen, muss es mindestens bei Vorhaben auf der Unionsliste die Möglichkeit geben, mitzureden.
Alle Fragen rund um Vorhaben auf der Unionsliste soll in jedem Mitgliedsstaat eine zentrale Anlaufstelle koordinieren. Diese Anlaufstellen heißen One-Stop-Shop. In Deutschland übernimmt die Bundesnetzagentur diese Aufgabe. Der One-Stop-Shop soll zu Effizienz und Transparenz beitragen. Weiterhin soll er die Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten der EU, Behörden und Vorhabenträgern fördern.
Kontaktdaten One-Stop-Shop
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen
One-Stop-Shop / Referat 812
Tulpenfeld 4
53113 Bonn
E-Mail: onestopshop@bnetza.de
Ablauf des Verfahrens
Das Genehmigungsverfahren ist in zwei Abschnitte untergliedert: den Vorantragsabschnitt und den formalen Genehmigungsabschnitt. Der Vorhabenträger erstellt zunächst eine Beschreibung des Vorhabens. Darin erläutert er auch mögliche Auswirkungen auf die Umwelt. Erst wenn die zuständige Behörde die Beschreibung bestätigt, beginnt der Vorantragsabschnitt. In diesem legt die Behörde fest, wie detailliert und umfangreich die Antragsunterlagen sein müssen. Der Vorantragsabschnitt soll innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen sein.
Nimmt die zuständige Behörde die daraufhin eingereichten Unterlagen an, beginnt der zweite Abschnitt des Verfahrens. Das ist der formale Genehmigungsabschnitt. Dieser soll maximal 1,5 Jahre dauern. Am Ende des Verfahrens steht die umfassende Entscheidung. Mit dieser Entscheidung kann der Bau des Vorhabens beginnen.
Die TEN-E-Verordnung will einen höchstmöglichen Grad an Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit erreichen. Das stellen verschiedene Maßnahmen sicher. So gibt es mindestens eine Anhörung der Öffentlichkeit, bevor der Vorhabenträger die Unterlagen der Behörde übergibt. Die Öffentlichkeit wird damit frühzeitig informiert und kann sich einbringen. Dies kann zum Bespiel mit Vorschlägen zu einem alternativen Verlauf einer neuen Stromtrasse geschehen.
Verfahrenshandbuch
Projektträgern und allen anderen Parteien, die an der Umsetzung von Vorhaben auf der Unionsliste beteiligt sind, soll zudem ein Verfahrenshandbuch als nützlicher Leitfaden dienen. Es erläutert das Genehmigungsverfahren und beschreibt die Möglichkeiten der Beteiligung.